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TEAM X-TREME - Mission Zero: Der Alpha-Kreis

©2016 106 Seiten

Zusammenfassung

Erleben Sie den ersten Band der temporeichen Jugendbuchserie von Bestsellerautor Michael Peinkofer: „TEAM X-TREME“ jetzt als eBook bei jumpbooks.

Charlie, Race und Kami kennen sich nicht, aber die Jugendlichen haben etwas gemeinsam: Sie sind Waisen und haben von ihren Eltern jeweils eine silberne Kugel geerbt. Was es damit auf sich hat, wissen die drei nicht. Doch plötzlich werden sie verfolgt – wer sind die finsteren Gestalten, und warum haben sie es auf die drei abgesehen? Auf der spektakulären Flucht erhalten Charlie, Race und Kami unerwartete Hilfe: ein scheinbar stummer Mann bringt sie mit einem Helikopter auf eine Insel vor der Küste Englands. Dort erwartet sie der Wissenschaftler Dr. Dickens. Können sie mit seiner Hilfe das Geheimnis lüften und herausfinden, was es mit den mysteriösen silbernen Kugeln auf sich hat? Oder weiß er mehr, als er ihnen verrät?

Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Mission Zero: Der Alpha-Kreis“, der erste Band der Jugendbuchserie „TEAM X-TREME“ von Michael Peinkofer. Wer liest, hat mehr vom Leben: jumpbooks – der eBook-Verlag für junge Leser.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Charlie, Race und Kami kennen sich nicht, aber die Jugendlichen haben etwas gemeinsam: Sie sind Waisen und haben von ihren Eltern jeweils eine silberne Kugel geerbt. Was es damit auf sich hat, wissen die drei nicht. Doch plötzlich werden sie verfolgt – wer sind die finsteren Gestalten, und warum haben sie es auf die drei abgesehen? Auf der spektakulären Flucht erhalten Charlie, Race und Kami unerwartete Hilfe: ein scheinbar stummer Mann bringt sie mit einem Helikopter auf eine Insel vor der Küste Englands. Dort erwartet sie der Wissenschaftler Dr. Dickens. Können sie mit seiner Hilfe das Geheimnis lüften und herausfinden, was es mit den mysteriösen silbernen Kugeln auf sich hat? Oder weiß er mehr, als er ihnen verrät?

Über den Autor:

Michael Peinkofer, 1969 geboren, studierte Germanistik, Geschichte und Kommunikationswissenschaft und veröffentlichte schon in dieser Zeit erste Werke. Heute gehört der Journalist und Übersetzer zu den erfolgreichsten Fantasyautoren Deutschlands. Michael Peinkofers erste Jugendbuchreihe TEAM X-TREME nimmt es, was Action und Spannung angeht, spielend mit seinen Bestsellern für erwachsene Leser auf.

Der Autor im Internet: www.michael-peinkofer.de

Die Jugendbuchserie TEAM X-TREME umfasst folgende Bände:

Mission Zero: Der Alpha-Kreis

Mission 1: Alles oder nichts

Mission 2: Die Bestie aus der Tiefe

Mission 3: Projekt Tantalus

Mission 4: Das Borodin-Gambit

Mission 5: Sumpf des Schreckens

Mission 6: Codename Nautilus

Bei jumpbooks erscheint weiterhin Michael Peinkofers historischer Jugendroman Die indische Verschwörung.

***

eBook-Neuausgabe April 2016

Copyright © der Originalausgabe 2011 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Copyright © 2016 jumpbooks. jumpbooks ist ein Imprint der dotbooks GmbH.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96053-080-0

***

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Michael Peinkofer

TEAM X-TREME

Mission Zero: Der Alpha-Kreis

jumpbooks

Prolog

Es krachte.

Der Lärm war so ohrenbetäubend, dass man glaubte, die Welt würde untergehen. Und was eben noch eine schwarze Limousine gewesen war, wurde von einer grellen Explosion zerfetzt.

Die Druckwelle war so groß, dass die Fensterscheiben der umliegenden Häuser zersprangen. Überall war Feuer, und dunkler Rauch stieg auf, der sich wie ein dichter Nebel über die Straße legte. Das Heulen einer Polizeisirene war zu hören, dazu der heisere Schrei eines Mannes, der schwer verletzt auf dem Bürgersteig lag.

»Xavier! Xavier …!«

Eine riesige Gestalt irrte einsam durch Rauch und Feuer. Es war ein großer, kräftiger Mann, der ebenfalls verletzt war, sich aber auf den Beinen halten konnte. Ziellos humpelte er durch die brennenden Trümmer auf der Suche nach dem Freund, der weiter seinen Namen rief.

»Xavier! Wo bist du …?«

Der große Mann wollte antworten, wollte sagen, dass er schon auf dem Weg war, aber es gelang ihm nicht. Seine Stimme versagte, er konnte nur umher irren und den Verletzten suchen.

Schließlich fand er ihn.

Die Explosion hatte ihn furchtbar zugerichtet, und es war offensichtlich, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Trotzdem stand Erleichterung in seinem blassen Gesicht, als er den Freund erblickte.

»Xavier! Komm zu mir …«

Der Hüne eilte zu ihm und beugte sich zu ihm hinab. Rasch untersuchte er den Verwundeten, aber jede Hilfe kam zu spät.

Oder?

»Versprich mir, dass du es tun wirst, Xavier«, flüsterte der Verletzte. »Wir haben oft darüber gesprochen, jetzt ist es soweit. Der Alpha-Kreis muss geschlossen werden .«

Der Hüne wollte antworten, aber seine eigene Verletzung hinderte ihn daran, so dass er nur zustimmend nicken konnte.

»Danke, mein Freund«, sagte der andere.

Es war das Ende.

Und gleichzeitig ein Neubeginn.

Kapitel 1
Auf der Überholspur

Hamburg, Deutschland

17.16 Uhr Ortszeit

Race trat aufs Gaspedal.

Der Flitzer unter seinem Hintern beschleunigte und scherte zur Seite aus, schoss an zwei anderen Wagen vorbei. Dann kam die Haarnadelkurve.

Entlang der Fahrbahn waren Reifen aufgestapelt, die als Puffer dienen sollten, falls jemand nicht die Kurve kriegte. Davon war Race jedoch weit entfernt. Mit todsicherem Gespür für die Maschine nahm er den Fuß vom Gas, worauf der Go-Kart wie auf Schienen um die Biegung schoss. Auf der Geraden beschleunigte Race wieder, und als der Motor laut aufröhrte, war der Junge überglücklich.

»Race« war nicht sein richtiger Name.

Eigentlich hieß er Jan Renner, aber da sich »Jan« seiner Ansicht nach zu langsam anhörte und er außerdem alles liebte, was schnell war, hatte er sich einen Spitznamen zugelegt.

Mit atemberaubender Geschwindigkeit schoss der Kart die Rennbahn hinab, die in einer großen Lagerhalle im Hafenviertel eingerichtet worden war. Race überholte einen weiteren Konkurrenten, nahm problemlos die Schikane und näherte sich der Zielgeraden. Alles, was ihn noch vom Sieg trennte, war der neongrüne Kart, der ein Stück vor ihm fuhr.

Der Fahrer war Marcel von Gerlach.

Ein ausgemachter Idiot.

Marcel war ein reicher Schnösel, dessen Vater nicht nur der halbe Hamburger Hafen gehörte, sondern auch das Lagerhaus, in dem die Kart-Bahn untergebracht war. Aus diesem Grund hielt sich Marcel für den Allergrößten und tat so, als hätte er den Sieg gepachtet – Race war entschlossen, ihm das Gegenteil zu beweisen.

Mit einem Ruck riss er an dem kleinen Lenkrad und scherte nach links aus. Dann trat er das Gaspedal durch. Der Motor heulte auf, so als wollte er sich beschweren, aber der Kart beschleunigte und flog auf Marcels Flitzer zu. Marcel, der einen giftgrünen Rennanzug und einen dazu passenden Helm trug, merkte, dass ihm jemand auf den Fersen war, und versuchte, die Fahrbahn eng zu machen, so dass Race nicht an ihm vorbei konnte.

Aber Race hatte damit gerechnet.

Indem er nur so tat, als wollte er links an Marcel vorbei, zwang er diesen, die Mitte der Fahrbahn zu verlassen. Kaum war es soweit, ließ Race seinen Flitzer zur anderen Seite ausbrechen und beschleunigte. Und noch ehe Marcel begriff, was geschehen war, zog Race auch schon mit ihm gleich.

Mit atemberaubendem Tempo schossen die beiden Wagen die Gerade hinab und auf die Zielmarkierung zu. Allem Anschein nach würde es bei diesem Rennen zwei Sieger geben – aber das schien nicht nach Marcels Geschmack zu sein.

Race schaute kurz zu ihm hinüber, sah ein wütendes Augenpaar durch das Helmvisier blitzen – und plötzlich krachte es. Kurzerhand hatte Marcel das Lenkrad nach rechts gerissen und Races’ Kart gerammt.

»Mist, verdammter …«

Race hatte Mühe, den Flitzer auf Kurs zu halten und kam den Reifen der Randbebauung gefährlich nahe. Er fiel zurück und verlor wertvolle Meter, aber noch war er nicht bereit aufzugeben.

Das Ziel war zum Greifen nah, Marcels Kart schoss mit Karacho darauf zu – und Race griff noch einmal an!

Er schaltete zurück und gab Gas, trieb den Motor an seine Grenzen. Der Wagen machte einen Satz wie ein Tiger und zog abermals mit Marcel gleich. Der war so verwundert darüber, den bereits abgeschriebenen Rivalen wiederzusehen, dass er für einen Moment unaufmerksam war – und dem Fahrbahnrand zu nahe kam.

Sein Kart prallte längs gegen die Reifen, von denen er abspickte wie eine Billardkugel – während Race an ihm vorbei schoss und über die Ziellinie fuhr. Die schwarzweiß karierte Fahne wurde geschwenkt, das Rennen war zu Ende.

Race hatte gewonnen!

Lauthals jubelnd und die rechte Hand zur Siegerfaust geballt, drehte er eine Ehrenrunde. In seiner Fantasie waren es Zehntausende von Zuschauern, die sich entlang der Fahrbahn drängten und seinen Sieg feierten. In Wirklichkeit waren es nur ein paar Dutzend, und ihren langen Gesichtern war anzusehen, dass sie es ihnen lieber gewesen wäre, wenn Marcel gewonnen hätte. Wahrscheinlich hatte sein Vater sie gekauft, so wie er auch alles andere kaufte. Race ließ sich davon nicht beeindrucken.

Er brachte seine Ehrenrunde zu Ende und fuhr an Marcel vorbei, der seinen Helm abgenommen und wütend von sich geschleudert hatte. Mit wirrem rotem Haar, das sonst blasse Gesicht feuerrot vor Zorn, saß er in seinem verbeulten Wagen und sah aus wie jemand, dem man Benzin ins Müsli geschüttet hatte.

»Renner!«, schrie er, schäumend vor Wut. »Das ist allein deine Schuld! Das war gegen die Regel!«

»Gegen welche Regel?«, fragte Race durch den Helm. »Dass ein reicher Pinkel wie du immer gewinnen muss?«

»Blödsinn – dass man ein gegnerisches Fahrzeug nicht vom Parcours abdrängen darf«, beschied Marcel ihm wütend.

»Stimmt«, feixte Race, »sonst könnte es sein, dass man am Ende selber in den Reifen landet, stimmt’s?«

»Du … du …« Die Wangen des Jungen blähten sich, als wollten sie platzen. Er suchte nach Schimpfworten, die er Race an den Kopf werfen konnte, warf jedoch zu aufgeregt, um welche zu finden. »Mein Vater wird davon erfahren«, drohte er schließlich. »Er wird dafür sorgen, dass du hier niemals wieder fahren darfst.«

»Wenn du meinst.« Race zuckte mit den Schultern. »Aber dann kriegst du auch niemals eine Chance, mich zu schlagen. Das ist dir doch klar, oder?«

»Ich … ich …«

»Mach’s gut, Marcel. Bis zum nächsten Mal.«

Race gab Gas und ließ den sprachlosen Jungen am Fahrbahnrand zurück. Noch einmal steuerte er über die Ziellinie, genoss seinen Sieg in vollen Zügen, ehe er den Wagen an den Fahrbahnrand lenkte und den Motor abstellte.

Dann war der Traum vorbei – denn Race wurde erwartet. Von einem Mann, der Uniform und eine schwarze Lederjacke trug und sehr grimmig dreinblickte …

Ein Polizist!

Race konnte nicht behaupten, dass er überrascht war. Eigentlich hatte er sogar schon viel früher mit Besuch gerechnet. Immerhin, sagte er sich, hatten sie ihn das Rennen zu Ende fahren lassen. Das war mehr, als er erwarten konnte.

»Jan Renner?«, erkundigte sich der Polizist, während Race den Sicherheitsgurt löste und aus dem Kart stieg.

»Yep«, machte er und nahm den Helm ab. Sein hellbraunes Haar stand wirr in alle Richtungen.

»Du weißt, warum ich hier bin, oder?«

»Yep«, wiederholte Race seufzend. Natürlich wusste er es, er war ja nicht dämlich.

»Dann komm mit, Junge«, sagte der Polizist. »Du wirst schon sehnlichst erwartet.«

»Kann ich mir denken.« Race ließ entmutigt den Kopf hängen. Den Helm unter den Arm geklemmt, trottete er auf den Polizisten zu – um es sich plötzlich anders zu überlegen.

»Hier, Mann, fangen Sie!«, rief er und warf dem Polizisten den Rennhelm zu, den dieser in einem Reflex auffing – während Race bereits die Flucht ergriff.

»Halt! Bleib stehen!«, rief der Polizist.

Race dachte nicht daran.

Mit riesigen Schritten überquerte er die Fahrbahn und sprang über die aufgetürmten Reifen. Dann nahm er die Beine in die Hand und lief so schnell er konnte auf den Hinterausgang der Halle zu.

Ein rascher Blick über die Schulter – der Polizist folgte ihm nicht! Hatte er ihn etwa schon abgehängt? Race grinste. Das war ja einfacher, als er gedacht hatte! Noch einmal überquerte er die Rennbahn, dann war er am Ausgang.

Die Tür stand einen Spaltweit offen!

Mit Anlauf warf sich Race gegen das schwere Metall und stemmte es auf, wollte hinaus in die Dunkelheit, die um diese Jahreszeit schon früh hereinbrach. Aber wie aus dem Nichts zuckte eine kräftige Hand heran, packte ihn am Kragen seines Rennanzugs und hielt ihn unnachgiebig fest.

»He«, beschwerte sich Race, »was soll das? Lassen Sie mich gefälligst los …!«

»Von wegen, Jungchen«, sagte eine dunkle Stimme. Sie gehörte einem bulligen Mann, der ebenfalls die Uniform der Hamburger Polizei trug. Und seinem strengen Gesicht war anzusehen, dass mit ihm nicht zu spaßen war. »Man hat uns schon gesagt, dass du ein ausgekochtes Früchtchen bist und versuchen würdest abzuhauen. Also haben wir uns aufgeteilt. Mein Partner ist reingegangen, während ich hier am Hinterausgang gewartet habe. War ‘ne kluge Entscheidung, wie’s aussieht.«

»Ja, große Klasse«, maulte Race. Er versuchte, sich aus dem Griff des Polizisten zu winden – vergeblich. Der Mann hielt seinen Arm wie ein Schraubstock umklammert.

»Lass gut sein, Junge. Das wird nichts.«

»Warum lassen Sie mich nicht einfach laufen?«, fragte Race verzweifelt. »Ihnen kann es doch egal sein.«

»Du bist noch minderjährig«, erklärte der Polizist. »In ein paar Jährchen bist du achtzehn, dann kannst du für dich selbst entscheiden. Bis dahin …«

»In ein paar Jährchen?«, rief Race. »Haben Sie eine Ahnung, was Sie da sagen? Ich bin erst vierzehn, Mann. Das sind noch vier ganze Jahre! Mit anderen Worten: eine Ewigkeit! «

»Auch die geht vorbei«, meinte der Polizist gelassen, während er Race zu dem Streifenwagen zog, der auf dem Parkplatz stand.

Auf den ersten Metern wehrte sich Race noch, dann ließ er es bleiben. Es war nicht sein erster Fluchtversuch gewesen, und es würde auch nicht sein letzter sein. Aber für dieses Mal musste er sich wohl geschlagen geben.

Weder er noch der Polizist ahnte, dass sie beobachtet wurden – von einem hünenhaften Mann, der sich im Schatten der Straßenbeleuchtung verbarg – und der eine metallene Maske trug …

Kapitel 2
Ein altes Geheimnis

Phuket, Thailand

06.10 Uhr Ortszeit

Kami Sanuk liebte den frühen Morgen.

Wenn die Sonne im Osten über der Insel heraufzog, wenn das Meer wie Silber glitzerte und die Palmen am Strand lange Schatten warfen, dann war die Welt in Ordnung. Kami pflegte dann auf dem großen Felsen am südlichen Ende des Strandes von Patong zu sitzen, auf die See zu schauen und die Ruhe vor dem Sturm zu genießen. Bevor die Touristen kamen …

Kami mochte die farang{i} nicht besonders, wie die meist aus Europa oder den USA stammenden Touristen genannt wurden. Nicht nur, dass sie meist unfreundlich und schlecht gelaunt waren; manche von ihnen benahmen sich auch, als würde ihnen die Insel gehören. Wahrscheinlich glaubten sie, dass sie mit ihren Euros und Dollars alles kaufen konnten. Solchen Leuten hätte Kami am liebsten die Meinung gegeigt, aber ihr Großvater wollte das nicht. Der alte Liang pflegte zu sagen, dass die farang sehr unglücklich sein mussten, wenn ihnen Geld so wichtig war, und dass man mit ihnen nur Mitleid haben könnte. Kami war da nicht so sicher, aber aus Respekt vor ihrem Großvater widersprach sie nicht.

Liang Sanuk unterhielt einen Laden für Handys und Computerteile, der sich unweit vom Strand in einer kleinen Nebenstraße befand. Da elektronische Waren in Thailand billiger waren als bei ihnen zu Hause, nutzten manche Touristen den Urlaub, um sich mit einem neuen Handy oder einer neuen Festplatte für den Computer einzudecken. Und »Sanuk’s Byte Store« hatte einen ziemlich guten Ruf.

Dass das so war, war auch Kami zu verdanken, die schon als Kind bemerkt hatte, dass sie ein ziemlich glückliches Händchen für alles Technische hatte. Bereits als kleines Mädchen hatte sie – zum Entsetzen ihrer Mutter – ein Radio zerlegt, es anschließend aber wieder richtig zusammengesetzt.

Was Computer betraf, so war Kami ein Naturtalent. Nicht nur, dass sie kein Problem damit hatte, einen kompletten PC zusammenzuschrauben; sie war auch ziemlich geschickt im Programmieren. Für einige Händler an der Straße hatte sie Internet-Seiten gemacht. Und einmal, als ein britischer Tourist sich besonders unverschämt benommen und behauptet hatte, Kamis Großvater hätte ihn übers Ohr gehauen, hatte sie sich sogar als Hackerin betätigt. Übers Internet hatte sie sich Zugang zum Computer des betreffenden Hotels verschafft und das Abreisedatum des Mannes geändert. Am nächsten Tag hatte man den Engländer einfach vor die Tür gesetzt …

Ihrem Großvater hatte Kami natürlich nie etwas davon erzählt. Der alte Liang war ein friedliebender Zeitgenosse, der in allen Menschen immer nur das Gute zu sehen versuchte. Da war es ganz gut, dass Kami ein bisschen auf ihn aufpasste.

Die Digitaluhr an ihrem Handgelenk begann zu piepen.

Höchste Zeit zu gehen!

Kami stand auf, klopfte den Staub von ihren Tarnhosen und sprang von dem Felsen. Dann lief sie eilig nach Hause, nicht ohne vorher noch im Coffee Shop an der Ecke vorbeizuschauen und ihrem Großvater seinen Kaffee zu kaufen.

»Sanuk’s Byte Store« befand sich im Erdgeschoß eines baufälligen kleinen Hauses. Früher war der Laden eine Metzgerei gewesen, weswegen Boden und Wände gekachelt waren (und es manchmal auch ein wenig streng roch). Regale, die mit Computerteilen vollgestopft waren, standen überall umher, dazwischen stapelten sich Kartons mit elektronischen Produkten. Ihren Großvater fand Kami schließlich hinter dem großen Verkaufstisch, wo er damit beschäftigt war, eine neue Lieferung von Handys zu sortieren.

»Sawasdi{ii}«, grüßte Kami. »Schönen guten Morgen.«

Ihr Großvater schaute auf. Liang Sanuk war kein sehr großer Mann, aber das weißgraue Haar, der spitze Kinnbart und die Brille, die auf seiner äußersten Nasenspitze ruhte, ließen ihn wie einen Zauberer aussehen. Zumindest war es Kami als Kind so vorgekommen, und irgendwie war dieser Eindruck geblieben.

»Sawasdi«, erwiderte ihr Großvater den Gruß. »So früh schon auf den Beinen?«

»Ich musste dir doch deinen Kaffee holen«, meinte Kami und stellte das Getränk auf den Tisch. »Ohne Milch, nur Zucker.«

»Oh, danke schön«, meinte der alte Liang begeistert und unterbrach seine Arbeit. »Diese törichten farang pflegen die schönen Dinge des Lebens erst dann zu genießen, wenn sie Zeit dafür haben«, sagte er dazu. Wir hingegen …«

»… genießen sie dann, wenn sie sich ergeben«, vervollständigte Kami den Satz, den sie schon gefühlte zehntausend Mal gehört hatte. Es war so etwas wie das Lebensmotto ihres Opas, und zugleich einer der Gründe dafür, weshalb sie ihn so liebte.

»Ganz recht«, bestätigte der alte Liang und nahm einen tiefen Schluck. »Da sind die Speicherkarten, die du bestellt hast«, meinte er dann, auf eins der Pakete deutend.

»Prima.« Kami nickte. »Dann mache ich mich doch gleich an die Arbeit. Muss nur noch schnell meine E-Mails checken.«

Auf einem langen Tisch standen mehrere Computer aufgereiht. Für ein paar Baht konnten Einheimische und Urlaubsgäste sie benutzen, um im Internet surfen. Kami nahm an einem Rechner Platz und gab ihr Passwort ein.

In ihrem Posteingang befand sich nur eine einzige Mail.

Der Absender war eine Zahl: 1071996.

Der Betreff lautete »Ein altes Geheimnis«.

»Seltsam«, meinte Kami.

»Was ist?«, fragte Großvater Liang.

»Da hat mir jemand eine ziemlich komische Mail geschickt.«

»Lass sehen.« Ihr Großvater gesellte sich zu ihr und warf einen Blick auf den Schirm. »Tatsächlich«, sagte er dann. »Da hat sich wohl einer einen Scherz erlaubt. Wahrscheinlich Wu oder einer von den Jais. Die können nicht fassen, dass ein Mädchen mehr Computertricks auf Lager hat als sie.«

»Meinst du?« Kami war alles andere als überzeugt.

»Ganz bestimmt. Lies die Mail, dann wirst du schon sehen, dass ich Recht habe.«

Kami klickte die Nachricht an – vergeblich.

»Sie lässt sich nicht öffnen«, stellte sie fest. »Die Mail ist durch einen Code gesichert.«

»Hm«, machte der alte Liang. »Vielleicht solltest du sie besser löschen.«

»Wozu? Du hast doch selbst gesagt, dass es wahrscheinlich nur ein Scherz ist.«

»Natürlich. Aber bei all den Computerviren und Trojanern, die heutzutage im Umlauf sind, kann man nicht vorsichtig genug sein. Also ab damit in den Papierkorb.«

»Nein«, sagte Kami entschieden.

»Warum nicht?«

»Komm schon«, sagte das Mädchen und schaute seinen Großvater herausfordernd an. »Du willst mir doch nicht erzählen, dass du es nicht bemerkt hättest, oder?«

Der alte Liang hob die Brauen. »Was bemerkt, mein Kind? Wovon sprichst du?«

»Ich spreche von dieser Zahl«, antwortete Kami bestimmt. »1071996.«

»Was ist damit?«, gab sich ihr Opa ahnungslos.

»Großvater, ich bin kein Kind mehr«, brachte Kami in Erinnerung. »Du musst nicht so tun, als ob alles in Ordnung wäre. Diese Zahl gibt exakt das Todesdatum meiner Eltern wieder – den 10. Juli 1996. Oder willst du das bestreiten?«

»Nein«, erwiderte der alte Liang, »das bestreite ich ganz und gar nicht. Aber es könnte auch purer Zufall sein, oder nicht?«

»Ein seltsamer Zufall«, meinte Kami, »vor allem, da dieses Datum kaum jemandem bekannt ist. Und dann dieser Betreff– ein altes Geheimnis. Vielleicht ist es jemand, der weiß, wie meine Eltern damals gestorben sind.«

»Es war ein Unfall«, sagte ihr Großvater seufzend. »Ich dachte, das hätten wir längst geklärt.«

»Wie können wir etwas klären, wenn du so gut wie nie darüber sprechen willst?«, fragte Kami.

»Die Vergangenheit ist wie ein Tiger«, bemühte der alte Liang ein altes Sprichwort. »Man lässt sie am besten in Ruhe und reizt sie nicht. Auf jeden Fall möchte ich nicht mehr darüber reden. Du wirst diese E-Mail von der Festplatte löschen und nicht weiter darüber nachdenken, ist das klar?«

Kami wollte widersprechen, aber als sie die zornig funkelnden Augen ihres Großvaters sah, ließ sie es bleiben. Noch nie zuvor hatte sie den alten Liang so aufgebracht erlebt, und das wollte schon etwas heißen. Schließlich lebte sie bei ihm, solange sie denken konnte!

»I-in Ordnung«, erklärte sie sich einverstanden.

»Gut«, sagte ihr Großvater und ging nach draußen. Die Angelegenheit schien ihn so aufgeregt zu haben, dass er frische Luft brauchte. Kami blieb allein zurück.

Einen Augenblick zögerte sie, dann schob sie die Datei in den Papierkorb und löschte sie.

Jedoch nicht, ohne vorher noch eine Kopie auf ihren USB-Stick gezogen zu haben …

Kapitel 3
Eine unerwartete Enthüllung

Lyon, Frankreich

20.49 Uhr Ortszeit

Als Charlotte Renard nach Hause kam, spürte sie sofort, dass etwas nicht in Ordnung war.

Es war wie damals, als sie von vornherein gewusst hatte, dass Madame Guillard sie in Mathe abfragen würde. Oder bevor Jean Neuville ihr gebeichtet hatte, dass er lieber mit Sylvie Ducasse zusammen sein wollte als mit ihr. Manchmal wusste Charlie Dinge, noch bevor sie passierten.

Nicht, dass sie eine Hellseherin gewesen wäre oder so. Aber schon seit sie ein kleines Mädchen war, hatte sie die Fähigkeit, zu spüren, was andere Menschen fühlten. Und diese Fähigkeit verriet ihr, dass etwas im Hause Renard ganz und gar nicht so war, wie es sein sollte.

Sie zog Jacke und Schuhe aus, stellte die Tasche mit den durchgeschwitzten Sachen auf den Boden. Aus dem Wohnzimmer drang Licht, aber anders als sonst, wenn sie vom Ballettunterricht nach Hause kam, hörte sie keinen Fernseher. Eisiges Schweigen herrschte in der Wohnung.

»Maman{iii}?«, fragte Charlie in die Stille.

»Wir sind hier, Schatz«, kam es zurück.

Charlie runzelte die Stirn. Ihre Mutter hörte sich anders an als sonst. Etwas musste vorgefallen sein.

Etwas Wichtiges …

Mit pochendem Herzen betrat sie das Wohnzimmer. Ihre Eltern saßen auf dem Sofa. Es war unmöglich zu sagen, was hinter ihren versteinerten Gesichtern vor sich ging. Charlie fühlte Trauer, Verwirrung … und Furcht.

»Was ist denn los?«, fragte sie und versuchte ein Lächeln. »Ist jemand gestorben?«

»Nein.« Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Hattest du Spaß im Ballett?«

»Klar.« Charlie nickte. Sie hatte keine Lust, etwas zu erzählen. Nicht, so lange sie das Gefühl hatte, dass etwas Furchtbares passiert war. »Was ist los?«, fragte sie deshalb noch einmal, entschiedener diesmal.

»Setz dich«, forderte ihr Vater sie auf und deutete auf den Sessel. »Deine Mutter und ich haben etwas mit dir zu besprechen.«

»Ach so?« Charlie setzte sich. Dabei konnte sie fühlen, wie die Furcht und die Trauer noch stärker wurden.

»Es gibt etwas«, fuhr ihr Vater fort, während er nervös seine Brille zurechtrückte, »das wir dir schon lange sagen wollen.«

»Schon sehr lange«, fügte ihre Mutter hinzu, die nervös mit ihrer Perlenhalskette spielte. »Eigentlich schon, seit du bei uns bist. Wir hatten nur in all den Jahren nie …« Sie unterbrach sich, und zu ihrem Entsetzen sah Charlie in den Augen ihrer Mutter Tränen. »… nie den Mut, es dir zu sagen«, fuhr sie schließlich fort. »Aber jetzt können wir nicht länger schweigen.«

»Schweigen? Worüber denn?«, wollte Charlie wissen.

»Liebling«, sagte ihr Vater, »es wird nicht einfach für dich sein, das zu erfahren. Aber wir … ich meine, deine Mutter und ich … wir sind …« Er nahm die Brille ab und schüttelte den Kopf. Was immer es war, das er Charlie mitteilen wollte, es schien einfach nicht über seine Lippen zu wollen.

»Was Papa dir zu sagen versucht, Liebling«, sprang ihre Mutter ein, »ist, dass wir nicht das sind, wofür du uns in all den Jahren gehalten hast.«

»Was?« Charlie glaubte, nicht recht zu hören. »Was soll das heißen?«

»Wir lieben dich«, versicherte ihr Vater, »von ganzem Herzen, geradeso, als ob wir deine leiblichen Eltern wären. Die Sache ist nur – wir sind es nicht.«

»Ihr … Ihr seid es nicht?« Charlie starrte die beiden fassungslos an. Gleichzeitig versuchte sie, ihre Gefühle zu erspüren in der Hoffnung, dass alles nur ein Scherz wäre.

Aber das war es nicht.

Soweit sie es beurteilen konnte, sagten ihre Eltern die Wahrheit. Oder vielmehr jene Menschen, die sie ihr Leben lang für ihre Eltern gehalten hatte …

»Das ändert natürlich nichts zwischen uns«, beeilte ihr Vater sich zu erklären. »Du wirst immer unsere Tochter bleiben und wir deine Eltern. Aber wir waren der Ansicht, dass du die Wahrheit erfahren solltest.«

Charlie hörte gar nicht zu. Sie war immer noch damit beschäftigt, die Neuigkeit zu verwinden. »Und wer bin ich?«, fragte sie leise.

»Was meinst du?«

»Wenn ich nicht eure Tochter bin, wer bin ich dann?«, fragte sie. »Woher komme ich? Wer sind meine wirklichen Eltern?«

»Dein wirklicher Name«, antwortete ihr Vater leise, »ist Charlotte Dubois.«

»Dubois«, wiederholte sie. Es war seltsam, aber der Name hörte sich nicht fremd an, sondern war ihr seltsam vertraut …

»Deine Mutter«, fuhr er fort, »hat für die französische Regierung gearbeitet. Sie war Diplomatin, soweit ich weiß.«

»War?«, hakte Charlie nach.

»Sie starb, als du noch ein Baby warst. Ein Flugzeugabsturz.«

»Ich verstehe.«

»Denise und ich«, erklärte ihr Vater, »wollten immer Kinder haben, aber es war uns nicht vergönnt. Als man uns anbot, dich zu adoptieren, haben wir es getan – und wir lieben dich nicht weniger, als wir unser eigenes Kind geliebt hätten, das kannst du mir glauben.«

»Ich weiß«, versicherte Charlie, »darum geht es doch auch gar nicht. Ich frage mich nur, warum ihr mir das erzählt. Ich meine, vierzehneinhalb Jahre lang behaltet ihr das alles für euch, und dann ganz plötzlich …«

»Wir dachten, es wäre an der Zeit«, sagte ihr Vater.

»Aha«, machte Charlie nur. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dass er nicht die Wahrheit sprach.

»Du musst es ihr sagen«, verlangte ihre Mutter. »Du musst ihr von dem Brief erzählen …«

»Von welchem Brief?«, fragte Charlie.

Ihr Vater seufzte. Dann stand er vom Sofa auf, setzte die Brille wieder auf und trat an den Wohnzimmerschrank. Aus einer der Schubladen zog er einen Brief, den er Charlie reichte.

»Lies«, sagte er nur.

Charlie nahm das Kuvert entgegen. »Der Brief ist an mich adressiert«, stellte sie verwundert fest.

»Lies«, sagte ihr Vater noch einmal.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2016
ISBN (eBook)
9783960530800
Dateigröße
980 KB
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
Kinderkrimi TKKG Geheimagenten Kinderbuch ab 12 Jahre für Jungen Drei Fragezeichen James Bond Freundschaft Alex Rider Spannung für Mädchen Abenteuer Anthony Horovitz eBooks
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