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Dafür ist man nie zu alt

Eine Erzählung

©2016 60 Seiten

Zusammenfassung

Eine Komödie voller Schneesturm, Chaos und Gefühle: „Dafür ist man nie zu alt“ von Bestsellerautorin Gabriella Engelmann als eBook bei jumpbooks.

Über die Kunst, erwachsen zu sein und im Herzen doch ein wenig Kind zu bleiben… Natürlich gibt es weder das Christkind noch den Weihnachtsmann – aber wenn doch, dann haben sich die beiden gegen Pia verschworen. Die hätte den 24. Dezember gerne in ihrer ersten eigenen Wohnung verbracht. Für den ganzen Festtagszirkus ist sie mit fast 20 Jahren schließlich viel zu alt! Doch es hilft nichts: Sie muss nach Hause zu Mama und Papa und der kleinen Schwester. Die haben für den Heiligabend allerdings Besuch eingeladen – Ben, den mit Abstand letzten Menschen, mit dem Pia unter dem Weihnachtsbaum sitzen will. Und das bleibt nicht die einzige Überraschung…

Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Dafür ist man nie zu alt“ von Bestsellerautorin Gabriella Engelmann. Wer liest, hat mehr vom Leben: jumpbooks – der eBook-Verlag für junge Leser.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Über die Kunst, erwachsen zu sein und im Herzen doch ein wenig Kind zu bleiben…

Natürlich gibt es weder das Christkind noch den Weihnachtsmann – aber wenn doch, dann haben sich die beiden gegen Pia verschworen. Die hätte den 24. Dezember gerne in ihrer ersten eigenen Wohnung verbracht. Für den ganzen Festtagszirkus ist sie mit fast 20 Jahren schließlich viel zu alt! Doch es hilft nichts: Sie muss nach Hause zu Mama und Papa und der kleinen Schwester. Die haben für den Heiligabend allerdings Besuch eingeladen – Nic, den mit Abstand letzten Menschen, mit dem Pia unter dem Weihnachtsbaum sitzen will. Und das bleibt nicht die einzige Überraschung…

Über die Autorin:

Gabriella Engelmann, geboren 1966 in München, lebt in Hamburg. Sie arbeitete als Buchhändlerin, Lektorin und Verlagsleiterin, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen, Kinder- und Jugendbüchern zu widmen begann.

Bei jumpbooks veröffentlichte Gabriella Engelmanns bereits die Romane Nur Liebe ist schöner, Schluss mit lustig und Kuss au chocolat sowie die Kurzromane Eine Liebe für die Ewigkeit und Verträumt, verpeilt und voll verliebt; weitere eBooks sind in Vorbereitung

***

eBook-Neuausgabe April 2016

Dieses Buch beruht auf der Kurzgeschichte Schneegestöber – Das etwas andere Weihnachtsfest, erschienen 2010 in der Anthologie Die 24 ultimativen Tipps zur Vorweihnachtszeit, herausgegeben von Hortense Ullrich. Die Autorin hat den Text für diese Ausgabe komplett überarbeitet und erweitert.

Copyright © des Ursprungstextes 2010 by Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg

Copyright © der vorliegenden Originalausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Copyright © 2016 jumpbooks Verlag. jumpbooks ist ein Imprint der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung eines Bildes von shutterstock/lidante.

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96053-162-3

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Gabriella Engelmann

Dafür ist man nie zu alt

Eine Erzählung

jumpbooks

Kapitel 1

»Wir sind spätestens um vier Uhr wieder da«, flötet Mama und wuchtet einen riesigen Bund Kiefernzweige zum Auto, wo Papa augenrollend auf sie wartet. »Und vergiss nicht, dass Beate und Nic möglicherweise etwas früher kommen!«

Nun bin ich diejenige, die mit den Augen rollt. »Wie könnte ich das nur vergessen?«, maule ich.

»Pia, komm, reiß dich zusammen«, ermahnt Mama mich. Dabei schlägt sie einen Ton an, der sofort ein stacheliges Gefühl in mir provoziert: den Du-bist-immer-noch-meine-Tochter-Ton. Ich finde, ein freundlicher Vielen-Dank-dass-du-Weihnachten-nach-Hause-gekommen-bist-und-nun-Verständnis-dafür-hast-dass-wir-keine-Zeit-haben-Ton wäre deutlich angebrachter. Denn eigentlich bin ich viel zu alt für das alles hier.

Immerhin werde ich bald 20. Okay, zugegeben, erst in ein paar Monaten, aber ich bin schon lange kein Kind mehr. Nach dem Abitur habe ich ein freiwilliges soziales Jahr gemacht in einem Altersheim. Danach war mir klar, dass mein vager Wunsch, Medizin zu studieren, vielleicht doch mehr mit meiner Vorliebe für Grey’s Anatomy und weniger mit der Realität zu tun hat. Also habe ich mich ganz vernünftig umentschieden und mache nun eine Lehre in einem Verlag. Schließlich lese ich auch leidenschaftlich gerne, also kann ich nun mein Hobby mit einer fundierten Ausbildung verbinden. Kein Mädchentraum, sondern die Entscheidung einer Erwachsenen.

Na ja, gut, einer jungen Erwachsenen.

Trotzdem werde ich, seit ich gestern nach sechs Stunden Zugfahrt zu Hause angekommen bin, wieder wie ein Kind behandelt. Und dafür bin ich nun wirklich zu alt.

»Beate und ich freuen uns schon so lange darauf, dass wir Weihnachten im Kreis unserer Lieben gemeinsam feiern können«, erinnert mich Mama nun. »Das wird richtig schön, wirst schon sehen. Und der Nic, der freut sich schon auf das Wiedersehen mit dir.«

Bevor ich etwas erwidern kann – und es gäbe dazu sehr viel zu sagen! –, schiebt Papa Mama ins Auto, wirft mir einen seiner typischen Blicke zu, die zwischen Tut mir leid und Stell dich nicht so an schwanken, und springt dann hinters Steuer, um davonzubrausen. Ich winke zum Abschied und gebe einen Stoßseufzer von mir.

Nikolaus Petzokat, genannt Nic, mein persönlicher Alptraum, seitdem ich auf der Welt bin. Daran wird sich nichts ändern.

»Wann kommt Nic?«, krakeelt meine sechsjährige Schwester Feline, für die mein Erzfeind – der Sohn von Mamas bester Freundin Beate – so etwas wie der Weihnachtsmann und der Osterhase in Personalunion ist. Mit anderen Worten: Sie liebt ihn heiß und innig – wohingegen ich gerade überlege, wie ich es am besten anstelle, mich augenblicklich in Luft aufzulösen. Doch sosehr ich mich auch anstrenge, mir fällt einfach kein Weg ein, um meinem Schicksal zu entfliehen.

»Keine Ahnung. Irgendwann heute Nachmittag«, knurre ich und schiebe meine Schwester Richtung Wohnzimmer. Verräterin, denke ich dabei. Das Nesthäkchen unserer Familie war gestern noch vollkommen aus dem Häuschen, weil die große Schwester nach Hause kam – heute bin ich offensichtlich »old news«, wie sie mir altklug beim Frühstück mitteilte.

Während ich dem Weihnachtsfest im »Schoße der Familie«, wie Mama es nannte, schon seit Wochen mit gemischten Gefühlen entgegensah, hatte ich mich auf Feli wirklich gefreut. Mama hat mich ziemlich jung bekommen, mit Anfang 20 schon, und eigentlich war die Familienplanung damit abgeschlossen. Zur allgemeinen Überraschung wurde sie dann mit über 30 noch einmal schwanger; ich war damals gerade 13 geworden und wusste nicht, was ich schrecklicher finden sollte – dass meine Eltern Sex miteinander hatten (uuuuhhhhh!) oder dass sie offensichtlich nicht mal mehr ganz genau in Erinnerung hatten, wozu das führen konnte (uuuuuuhhhhhhhuuuuuu!). Als Feli dann geboren wurde, war ich trotzdem hin und weg. Als das kleine, verschrumpelte Würmchen das erst Mal in meinem Arm lag, war es sofort um mich geschehen. »Ich werde dich immer liebhaben«, flüsterte ich ihr zu. »Nichts und niemand wird uns jemals auseinanderbringen, das verspreche ich dir.«

Allerdings hatte ich damals auch noch nicht mit der verheerenden Naturkatastrophe gerechnet, die man offiziell Nikolaus Petzokat nannte … Aber es war müßig, sich darüber nun aufzuregen. Immerhin bin ich erwachsen.

Im Flur ist es lausig kalt. Kein Wunder, es ist ja auch Winter. Der 24. Dezember, um genau zu sein. Draußen hat es begonnen zu schneien, eine echte Seltenheit zu Weihnachten.

»Und was machen wir so lange?«, will Feli wissen. Gute Frage!

Wenn es allein nach mir ginge, wüsste ich schon, wie ich die Stunden bis zur Bescherung rumkriegen würde: heiße Schokolade trinken, noch ’ne Runde schlafen, danach die Weihnachtsepisoden von Grey’s Anatomy auf DVD anschauen ... und mit Sue telefonieren, meiner besten Freundin in München. Die hat ihren Eltern in diesem Jahr ganz cool mitgeteilt, dass sie Weihnachten mit ihrem Freund in dessen WG feiern wird. »Für diesen ganzen klassischen Festtagszauber sind wir doch echt zu alt, oder?«, wollte sie von mir wissen. Was ich aus vollstem Herzen bestätigen konnte … nur um mich wenige Tage später von Mama überreden zu lassen, nach Hause zu kommen.

Als ich dann schließlich das Haus betrat, war ich doch ein kleines bisschen in Festtagsstimmung, schloss die Augen, atmete tief ein und erlebte …

… na ja, nichts eigentlich. Es roch nicht nach frischem Tannengrün und Weihnachtsplätzchen, sondern nach Mamas neuem, biologisch abbaubaren und selbstverständlich fair gehandelten Fußbodenreiniger, mit dem sie den Flur offensichtlich noch mal schnell durchgewischt hatte, bevor ich kam. So viel zum Thema Festtagstimmung! Aber für so etwas bin ich ja eh zu alt.

»Pia, was ist denn nun?«, reißt mich Feli aus meinen Gedanken. Dabei wirft sie sich lässig einen Dominostein in den Mund und kaut genüsslich. Wo hat sie den eigentlich her?

»Was möchtest du denn machen?«, frage ich, ganz die souveräne Erwachsene.

»Ein Höhlenzelt für Nic und mich bauen«, lautet die Antwort.

Höhlenzelt?

Himmel, meine Schwester freut sich wirklich auf diesen Schwachmaten. Aber sei’s drum. Dann habe ich ihn wenigstens von der Hacke, bis meine Eltern wieder da sind.

»Holst du die Leiter, Pia?«, fragt Feli. Ihre Bitte klingt wie ein Befehl.

»Wofür brauchst du die denn? Ich denke, du willst eine Höhle bauen?«

»Will ich ja auch. Ich werfe meine Decke über die Leiter, dann habe ich ein Zelt. Los, mach schon! Jetzt!«

Es gibt doch nichts Schöneres, als sich von seiner kleinen Schwester herumkommandieren zu lassen ... Normalerweise würde ich jetzt was sagen oder kommentarlos in mein Zimmer gehen, aber heute ist ja Weihnachten.

Das Fest der Liebe.

»Da muss man auch mal großzügig sein, über seinen Schatten springen und Dinge tun, die man sonst nicht tun würde«, sagt Mama immer.

Und genau aus diesem Grund sind meine Oldies jetzt auch weg.

Auf dem Weg nach Kiel zu Großtante Irmtraud, dem Familiendrachen, wie Papa sie nennt. Weshalb er heute Morgen beim Frühstück auch ultraschlechte Laune hatte und Mama ihn förmlich an den Haaren zum Auto schleifen musste. Bevor sie die Orgie aus Kiefernzweigen in den Kofferraum gewuchtet hatte und vermutlich Stress mit Papa bekommen hat, weil die Dinger so nadeln.

Aber das ist ja zum Glück nicht mein Problem!

Meine Frage der Stunde lautet: Wie bekomme ich die Leiter aus der Abstellkammer, in der wie üblich totales Durcheinander herrscht?

»Nun mach schon!«, verlangt Feli, die mit ihren honigblonden Locken und dem karierten Schürzenkleidchen aussieht wie ein leibhaftiger Engel. Tatsächlich ist sie aber ein Teufel. Ein Teufel, der sehr pi... äh ... bissig werden kann, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Also bleibt mir keine andere Wahl, ich muss die Tür zur Abstellkammer öffnen, die von Papa nicht ganz zu Unrecht als »Kammer des Grauens« bezeichnet wird.

Ich starre mies gelaunt auf das Chaos, das Mama in den viel zu eng gestellten Regalen angerichtet hat, als sie (wie jedes Jahr ultraspät) nach der Tannenbaumdekoration gesucht hat.

Den Satz »Weihnachten kommt immer so plötzlich« kann ich inzwischen rückwärts singen.

»Schatz, nun hab dich nicht so«, hatte Mama geflötet, als ich nach meiner Ankunft das Fehlen jeglichen weihnachtlichen Charmes moniert hatte. »Und sieh mal: Es hat sogar geschneit!« Sie tat fast so, als wäre sie dafür verantwortlich.

»Hast du nicht mal Plätzchen gebacken?«, fragte ich etwas mürrisch; natürlich machte ich mir nichts aus so einem Zeug, deswegen hatte ich ja auch ganz sicher nicht versucht, Omas alte Heidesand- und Spritzgebäck-Rezepte in meiner Münchener Miniküche nachzubacken. Und weil ich das natürlich nicht getan hatte, bezahlte ich dafür auch nicht mit einem halben Nervenzusammenbruch und gab Sue auch keinen Grund, beim Anblick ömmeliger Teigschnurpsel einen Lachflash zu bekommen.

So was würde mir ganz sicher nicht passieren.

Mir doch nicht.

»Ach, Pia, ich hatte das wirklich vor, aber dann kam so viel dazwischen … und du weißt doch …«

Papa, Feli und ich stimmten ein und sprachen den Satz im Chor zu Ende: »Weihnachten kommt immer so plötzlich.«

***

Gefühlte fünfzig Minuten später habe ich es geschafft: Verdeckt von einem Schlauchboot (wo kommt das denn her?), peinlichen Faschingskostümen (ich verweigere jede Aussage dazu und habe die Fotobeweise des Alptraums, der als »Das Jahr, in dem Mama und Pia in ihren neuen Clownkostümen auf einem Fest auftauchten, bei dem der Dresscode Frühstück bei Tiffany war, was Mama irgendwie vergessen hatte« Familiengeschichte schrieb, sorgfältig vernichtet), einem Rankgitter für Rosen und Mamas Ballkleid, finde ich schließlich die Leiter. Beim Versuch, sie in den Flur zu zerren, knallt mir mit voller Wucht etwas Schweres, Scharfkantiges auf den Kopf.

»Aua!«

Das hat weh getan!

Ich reibe die schmerzende Stelle, und schon saust mir die Leiter auf den Fuß. »Auuaaa, verdammte Ka... verdammte!«, brülle ich in einer Tonlage, die sogar meine Schwester erschreckt.

»Pia, du bist verletzt!«, ruft sie mit weit aufgerissenem Mund.

Ich fühle etwas Warmes, Feuchtes meine Stirn hinunterrinnen. Na toll. »Sorry, aber vergiss das mit der Höhle«, schmettere ich Feli entgegen und stürme ins Badezimmer. Meine Schwester hinterher.

Tatsächlich! Hellrot läuft mir Blut in zwei dünnen Rinnsalen die Stirn hinunter – ein Fall für Mamas Medizinschränkchen, würde ich sagen. Doch leider finde ich darin alles Mögliche, nur kein Heftpflaster. Auch keine Mullbinde oder etwas, womit ich mich verarzten könnte. Ich bin wütend. SEHR WÜTEND! Ich drücke ein Handtuch auf meine dunkelbraunen Locken und versuche so, die Blutung zu stillen.

Feli starrt mich an, ich mein Spiegelbild.

Ich habe definitiv schon mal besser ausgesehen!

»Und das alles nur, weil du eine Höhle für diesen Idioten bauen willst ...«, grumpfe ich leise, aber Feline hat Ohren wie ein Luchs. Außer natürlich, wenn Mama sie ins Bett schickt oder zum Zähneputzen auffordert.

»Nic ist kein Idiot!« Feli stampft mit dem Fuß auf, der in einem albernen Hausschuh mit Nikolausmotiven steckt. Was meine Laune nicht unbedingt verbessert.

»Dann baue ich mir mein Zelt eben selbst«, sagt sie trotzig und trabt von dannen.

Missmutig verlasse ich das Bad und gehe zur Kammer des Schreckens zurück, um das Chaos zu beseitigen. Dort sehe ich auch, was mich da aus einem der oberen Regaletagen angegriffen hat: ein alter Koffer, der nun ausgesprungen ist und irritierenderweise den Blick freigibt auf Festtagsschmuck. Mama hat alles zusammengewürfelt, wofür sie sonst keinen Platz finden konnte. Und so grienen mir nun ein leicht verstaubter Rauschgoldengel und ein pink-metallic-glänzender Osterhase in trauter Zweisamkeit aus einem Sammelsurium anderer Deko-Katastrophen entgegen.

Vermutlich wäre nun der richtige Zeitpunkt für einen spätpubertären Schreianfall. Aber, erinnere ich mich seufzend selbst an die Tatsachen, dafür bin ich dann doch ein wenig zu alt.

Kapitel 2

Nachdem ich mich vergewissert habe, dass Feline keinen Unsinn macht – aber sie hat sich mit einer Tüte Supermarkt-Lebkuchen auf dem Sofa eingeigelt und liest –, verziehe ich mich in mein Zimmer. Es fühlt sich merkwürdig an, hier zu sein. Hier und da fehlen Dinge, die dort jahrelang ihren Platz hatten – ein paar Bücher, eine schön gerahmte Fotografie, die ich mir bei einem Paris-Ausflug auf einem Trödelmarkt gekauft habe, natürlich ein Großteil meiner Klamotten und der alte Lehnstuhl, den ich von Opa geerbt habe und der nun an meinem Arbeitstisch in München steht. Aber ansonsten ist alles noch so, wie ich es vor einem Jahr zurückgelassen habe.

Da ist der Schreibtisch, an dem ich Mathe und Physik gepaukt habe, auch wenn das von recht wenig Erfolg gekrönt wurde, und träumerische Gedichte und Kurzgeschichten schrieb, über die ich heute lieber den Mantel des Schweigens breiten möchte.

Der alte Holzschrank, dessen Tür oft klemmt und den außer mir niemand problemlos aufbekommt.

Der unscheinbare Pappkarton, oben auf dem Schrank sorgsam vor Feli versteckt, in dem sich meine Tagebücher befinden. Und die zwei Liebesbriefe, die ich in der siebten und elften Klasse von zwei Jungs namens Stefan und Martin bekomme habe. Und die unzähligen, die ich im Lauf der Jahre an meine große Liebe Kai geschrieben, aber natürlich nie abgeschickt habe. Kai war alles, was ich mir als Mädchen gewünscht habe: ein wilder Surfer-Typ, in dessen blauen Augen ich immer das Meer zu sehen meinte. Inzwischen will er Versicherungsvertreter werden, wie mir neulich eine alte Schulfreundin erzählt hat, und engagiert sich bei der CDU. Der Geruch von Freiheit und Abenteuer, den er immer zu verströmen schien, ist einem aufdringlichen Aftershave gewichen, mit dem er seine aufkommende Spießigkeit übertünchen will. Brrrrrr.

Schnell lasse ich meinen Blick weiterwandern. Da, die zerlesenen Taschenbücher, die mich durch meine Kindheit und Jugend begleitet haben. Ich muss lächeln, dass da tatsächlich ein Hanni-und-Nanni-Sammelband neben Fänger im Roggen und Siddharta steht und …

Hmmm.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2016
ISBN (eBook)
9783960531623
Dateigröße
995 KB
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
Comedy Jugendbuch ab 12 Jahre Bestsellerautorin Romantik erste Liebe Beziehung Teenager für Mädchen Weihnachten Ballett eBooks
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