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Der geklaute Heilige

Ein Detektiv-Roman

©2016 106 Seiten

Zusammenfassung

Achtung – Diebe im Museum! Der spannende Kinderkrimi von Regula Venske: „Der geklaute Heilige“ jetzt als eBook bei jumpbooks.

Der 10-jährige Arne kann es nicht fassen: Ausgerechnet während seiner Geburtstagsparty im Museum stiehlt ein Dieb eine wertvolle Heiligenfigur. Der einzige Zeuge des Diebstahls? Arnes nerviger kleiner Bruder Rollo! Und der behauptet steif und fest, dass ein Monster die Statue gestohlen hat. So ein Quatsch! Aber wer kann eine so schwere und große Holzfigur einfach aus dem Museum tragen? Arne und seine Freunde beginnen zu ermitteln …

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der spannende Kinderkrimi „Der geklaute Heilige“ von Regula Venske für Leser ab 8 Jahren Wer liest, hat mehr vom Leben: jumpbooks – der eBook-Verlag für junge Leser.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Der 10-jährige Arne kann es nicht fassen: Ausgerechnet während seiner Geburtstagsparty im Museum stiehlt ein Dieb eine wertvolle Heiligenfigur. Der einzige Zeuge des Diebstahls? Arnes nerviger kleiner Bruder Rollo! Und der behauptet steif und fest, dass ein Monster die Statue gestohlen hat. So ein Quatsch! Aber wer kann eine so schwere und große Holzfigur einfach aus dem Museum tragen? Arne und seine Freunde beginnen zu ermitteln …

Über die Autorin:

Seit Mai 2013 ist Regula Venske Generalsekretärin des PEN-Zentrum Deutschland, einer Schriftstellervereinigung, die sich für die Freiheit des Wortes und Völkerverständigung einsetzt. Im Oktober 2015 wurde sie auch ins Präsidium des internationalen PEN gewählt (www.pen-international.org).

Die Website der Autorin: www.regulavenske.de

Bei jumpbooks erscheint von der Autorin:

Als Papa den Mond abschoss
Lale und der goldene Brief
Ein Haus aus Reisen
Der geklaute Heilige

***

eBook-Neuausgabe Juli 2016

Copyright © der Originalausgabe KeRLE im Verlag Herder Freiburg, Wien 1998

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Copyright © 2016 jumpbooks Verlag. jumpbooks ist ein Imprint der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-96053-143-2

***

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Regula Venske

Der geklaute Heilige

Ein Detektiv-Roman

jumpbooks

Der Ritterschlag

Arne wartete ungeduldig. Was dauerte da nur so lange? Wann kamen sie endlich und holten ihn? Das war doch nicht etwa Absicht, dass man ihn hier so lange schmoren ließ? Er fühlte sich, als wäre er irgendwo ausgesetzt worden und ganz allein auf der Welt, wie er da so einsam auf den kalten roten Steinfliesen kniete und so tat, als bete er. Zum Glück hatte ihm sein Knappe wenigstens ein weiches Samtkissen für die Knie mitgegeben, aber es war trotzdem reichlich unbequem. Verdammt hart.

Im Mittelalter hatten die Ritter, vielmehr diejenigen jungen Männer, die erst noch zum Ritter geschlagen werden sollten, eine ganze Nacht lang in einer Kapelle gewacht, um sich innerlich auf das große Ereignis vorzubereiten. Er musste hier zwar nur eine Viertelstunde knien, dennoch, ihm reichte es jetzt. Die Madonna lächelte nachsichtig auf ihn herab, und selbst das Christuskind in ihrem Arm grinste ihm aufmunternd zu.

Was wohl die Leute dachten, die hier vorbeikamen? Gerade fiel ein dunkler Schatten auf ihn, bewegte sich über ihn hinweg wie der Lichtstrahl eines Leuchtturms, nur schwarzgrau statt hell. Ein Museumsbesucher war lautlos vorbeigehuscht. Dem Schatten nach zu urteilen, musste es sich um einen Riesen handeln, einen sehr stillen Riesen allerdings. Arne hatte nicht das allergeringste Atemgeräusch, nicht einmal das leise Quietschen einer Sohle gehört.

Von nebenan drang unterdrücktes Kichern an sein Ohr. Vermutlich hatte Rollo gerade wieder einen seiner albernen Witze gemacht. Er benahm sich ja schon den ganzen Tag über so, als wäre er die Hauptperson und nicht Arne. Als hätte nicht Arne Geburtstag, sondern sein jüngerer Bruder Rollo, und als fände die Feier nur zu dessen Ehren statt. Aber diesmal würde es ihm nicht gelingen, sich in den Vordergrund zu spielen, heute war Arne der Star.

»Arne! Komm, es geht los!«

Es war so weit. Philipp, sein bester Freund, sein Knappe an diesem Tag, war gekommen, um ihn abzuholen.

Erst, als er aufstand, merkte Arne, dass ihm beim Knien auf dem Steinfußboden beide Beine eingeschlafen waren. Seine Rüstung drückte ihn schwer. Zehn Kilogramm sollte das Kettenhemd, das er untergezogen hatte, angeblich wiegen. Und doch war es nicht plump, im Gegenteil, geschmeidig passte es sich seinen Körperformen an. Es war erstaunlich, wie sehr das schwere Teil auch seine Haltung und seinen Gang veränderte. Arne merkte selbst, wie es ihn geradezu zwang, sich aufrecht und stolz zu halten und förmlich zu schreiten. Zum Drüberziehen hatte ihm die Museumsangestellte, die die Feier leitete, ein langes, schwarzrot gemustertes Seidenhemd gegeben, das er mit einem Gürtel um die Taille lose zusammengerafft trug. Auf der Brust war sein ritterliches Wappen aufgedruckt: drei schwarze Adler, die gierig ihre Schnäbel zu einer Seite öffneten, bereit, im nächsten Moment gefährlich loszuhacken.

Hoch aufgerichtet betrat Arne an der Seite seines treuen Knappen den Saal nebenan, in dem die hohe Festgesellschaft auf ihn wartete. Vor einem mittelalterlichen Altarbild, auf dem ebenfalls Maria und das Christuskind, flankiert von einigen Heiligen, abgebildet waren, standen König Joachim und Königin Pauline. Fast sah es aus, als gehörten die Heiligen auf dem Bild zum Hofstaat dazu. Feierlich und ernst ruhten ihre Blicke auf ihm. Aber auch Pauline und Joachim erwarteten ihn in würdevoller Haltung. Joachim wohnte in der Nachbarschaft. Er war ein Jahr älter als die anderen Jungen, deshalb durfte er heute den König spielen. Und Pauline – nun, Pauline war eben Pauline, mit niemandem sonst, mit keinem anderen Mädchen vergleichbar, Arnes langjährige Freundin, schon seit Kindergartenzeiten. Neben ihr, vor dem Seitenflügel des Altarbildes, auf dem die Anbetung der Heiligen Drei Könige gezeigt wurde, stand Papst Murat der Erste; ausgerechnet Murat, dessen Eltern aus der Türkei stammten und Muslime waren, hatte den Papst spielen wollen. Dick genug für die Rolle war er auf jeden Fall, und das prächtig verzierte, rot-goldene Gewand und die hohe Papstkrone standen ihm ausgezeichnet.

Ihnen gegenüber hatten sich die anderen Gäste feierlich gruppiert. Der Mundschenk und der Vorkoster mit ihren turbanähnlichen Mützen. Ein schüchternes Burgfräulein mit spitzem Hut, das mit zierlich gespreizten Händen am Türpfosten lehnte – in Wirklichkeit war Stefanie gar nicht so schüchtern, wie sie jetzt tat. Hinter ihr ruhte sich der Schleppenträger der Königin aus, Malte, der sich auf dem Weg durchs Museum darüber beschwert hatte, dass nur die langweiligste Rolle der Gesellschaft für ihn abgefallen war. Neben ihm lümmelten lässig Kai und Kim, zwei feine koreanische Prinzen. Und hinten im Raum, neben der Vitrine mit dem nackten Jesuskind, das eine bunte Weltkugel in der Hand hielt, wie einen Ball, den es gleich in die Luft werfen wollte, da lauerte Hofnarr Rollo auf seinen nächsten Einsatz. Wenn er doch wenigstens für fünf Minuten einmal die Klappe halten könnte!

»He! Ritter! Wie wär’s mit Ritter Sport?«, schrie der Hofnarr, als hätte er Arnes Gedanken erraten. Arne nahm keine Notiz von ihm, sondern kniete feierlich vor seinem König nieder. Wer an seinem zehnten Geburtstag zum Ritter geschlagen wird, achtet schließlich auf seine Würde.

Sein Knappe hielt schon das Schwert auf dem roten Seidenkissen parat, um es dem König zu reichen. Es war ein echtes mittelalterliches Schwert, hatte die Museumspädagogin erklärt. Wer weiß, was für Schlachten damit schon gekämpft wurden, wer damit schon alles geköpft worden war! König Joachim nahm es in die rechte Hand und legte es ihm vorschriftsmäßig mit der flachen Klinge auf Kopf und Schultern. Dann reichte er es ihm. Arne steckte das Schwert in die Hülle, die an seinem Gürtel hing. Er war jetzt Ritter Arne und dieses war das Singende Schwert, sein Schwert, mit dem er bald auf Aventiure, auf Abenteuerfahrt ausziehen würde. Und dann würde es heißen: »Ade, Rollo! Gnade dir Gott, Rollo!«

Und wenn der ihm weiterhin auf die Nerven ginge, würde er ihn vorher schon von seinem Hof verbannen, aber dann für mindestens sechsundsechzig Jahre!

In einer feierlichen Prozession, angeführt von Papst Murat dem Ersten, schritten jetzt alle durch das Museum, dessen Säle sich an diesem Nachmittag in die Schatzkammern eines Palastes verwandelt hatten, vorbei an Vitrinen, in denen silberne Pokale, Becher und Kannen glänzten und das Auge blendeten, vorbei an edelsteinbesetzten kleinen Statuen und wurmstichigen alten Truhen und Schränken, vorbei an Bildern und Vasen und weiteren Vitrinen, gefüllt mit funkelndem Schmuck. All dieser Reichtum gehörte ihm, dem edlen Ritter – so redete Arne es sich jedenfalls für den Augenblick ein.

Ritter Arne genoss es, im Gefolge seines Königs zu schreiten. Die Museumsangestellte hatte den Kindern vorgeschlagen, sich in einer strengen Reihenfolge aufzustellen, denn bestimmt waren die Menschen im Mittelalter nicht so ungeordnet durcheinander gewuselt wie sie. Der Papst als höchster Würdenträger zog voran, dann kamen König und Königin, dann Ritter, Edelfräulein und Prinzen und immer so weiter in genauer Rangfolge, je nach Wichtigkeit. Zwölf Personen waren es, die zum Hofstaat gehörten, und zählte man seine Mutter, die sich als Minnesängerin verkleidet hatte, und die Betreuerin vom Museum hinzu, noch zwei mehr. Und wo sie gingen und standen, hielten die Museumsbesucher inne und staunten den prächtigen Aufzug an. Sie bildeten das gemeine Volk, das »Bravo!« rufen durfte oder »Hoch!« oder auch nur tuschelnd stehen blieb, um sich zu fragen, was das Ganze wohl bedeuten sollte.

Was Arne aber nicht wusste und was nicht einmal seine Mutter und die Frau vom Museum merkten, war, dass es plötzlich fünfzehn Leute waren, die feierlich verkleidet durchs Museum zogen. Irgendwann, irgendwo war ein Schatten lautlos an ihre Seite getreten. Ein Bettelmönch hatte sich ihnen angeschlossen, ein Hüne von einem Mann, der von Kopf bis Fuß in einer weiten Kutte aus grauer, grober Wolle steckte. Seine Hände hielt er ganz in seinem Gewand verborgen und die Kapuze hatte er so tief über Augen und Nase gezogen, dass von seinem Gesicht nur mehr eine vage Dunkelheit zu ahnen gewesen wäre – wenn überhaupt jemand hingeguckt hätte. Der eine oder andere Museumsbesucher sah ihn vielleicht, aber die Erwachsenen hatten natürlich mehr Spaß daran, die farbenfroh gekleideten Kinder zu bewundern, die hübsche Königin, den stolzen Ritter und den lustigen Narr. Daher achteten sie nicht weiter auf die dunkle Gestalt am Ende der Gruppe. Wer den Bettelmönch sah, dachte sich nichts Böses dabei, sondern mochte ihn für den Vater eines der Kinder halten oder für den Mann der Minnesängerin vielleicht.

Und so gelangte der Bettelmönch im Schutze der Gruppe von einem Saal in den nächsten und erreichte schließlich unbemerkt die Kellerräume des Hauses.

Das Monster

Kurz bevor Arne sich seiner ersten Schlacht als Ritter stellte, der Kuchenschlacht nämlich, die gleich in einem eigens für seine Feier reservierten Raum im Keller des Museums steigen sollte, musste Hofnarr Rollo dringend aufs Klo. Den ganzen Tag hatte er sich schon, auf gut deutsch gesagt, überfressen. Seine Mutter war zum Glück der Meinung, dass es einem Siebeneinhalbjährigen noch nicht zuzumuten sei, mit leeren Händen und leerem Magen danebenzustehen, wenn der große Bruder Geburtstagsgeschenke auspackte; sie hatte auch ihren Jüngsten daher mit einem eigenen Vorrat an Negerküssen, Gummibärchen und Kaugummis versorgt. Außerdem hatte Rollo den Umstand, dass er früher aus der Schule heimgekommen war als Arne, noch genutzt und sich an dessen Naschteller vergriffen. Hier ein Stückchen Schokokonfekt, da eine Lakritzschnecke, das fiel doch gar nicht auf … dachte er.

Nun rächte sich – sehr zu Arnes Triumph – Rollos Gier: Er hatte Bauchschmerzen. Und die verstärkten sich noch rapide, als er merkte. dass ihn niemand begleiten wollte, weder Mama, die sonst immer so viel Verständnis für ihn hatte, noch sein großer Bruder. Mama füllte gerade Rhabarbersaft in große Steingutbecher und Arne packte die ersten Geschenke aus.

»Mensch Rollo, du nervst«, antwortete er nur auf Rollos Bitte, mit ihm die Toilette zu suchen. Dabei kannte er Rollos Angst vor fremden Türen und womöglich klemmenden Schlössern doch ganz genau. Vor einigen Jahren hatte sich Rollo auf der Toilette eines Restaurants so gründlich eingesperrt, dass er die Tür allein nicht mehr aufbekam. Damals musste sich Arne durch einen schmalen Lichtschacht zwängen und durch ein noch engeres Fensterchen zu Rollo hinabklettern, unter Mamas anfeuernden Rufen, die, so schlank sie auch sein mochte, leider doch zu groß und zu dick für solch eine Heldentat war. Arne war zu Rollo in das Kabäuschen gesprungen und hatte ein paar Mal kräftig an der Tür geruckelt, da hatte sie sich wundersamerweise wieder geöffnet. Seitdem bewunderte Rollo seinen großen Bruder noch abgöttischer, als er es schon vorher getan hatte.

Nun machte er sich missmutig allein auf den Weg. Zum Glück war das WC leicht zu finden. Rollo musste nur aufpassen, dass er nicht umgerannt wurde. In diesem Teil des Museums war gerade eine Menge los. Männer in abgewetzten Jeans und grobkarierten Hemden trugen große Kisten und sogar ganze Wände hin und her und riefen dem jungen zu, ihnen Platz zu machen. So drückte sich Rollo an die Wand und machte sich so dünn, wie er nur konnte, was nicht leicht war mit all den Süßigkeiten im Bauch!

Endlich hatten die Handwerker eine große Stellwand an ihm vorbeigewuchtet und Rollo schlüpfte in den Toilettenvorraum. Erschreckt prallte er jedoch gleich wieder zurück: Vor ihm stand – ein Monster, riesengroß und dunkel und über und über behaart! Das Monster schaute Rollo mit finsterem Blick direkt ins Gesicht. Vielleicht war es aber gar nicht dunkel, sondern im Gegenteil blond? Bedrohlich hob es eine Pranke und schien Rollo packen zu wollen. Der duckte sich instinktiv. Und dann spürte er, wie ihn etwas am Arm zerrte und mit grobem Schwung in die Kabine stieß. Rollo knallte gegen die Wand, berappelte sich aber schnell und sperrte geistesgegenwärtig die Tür hinter sich zu. Und wenn Arne ihn tausendmal als Angsthasen beschimpfte – Hasen waren immerhin schnell wie der Blitz.

Auf der anderen Seite der Kabinentür hörte er ein leises Knurren und Zischen. Das Monster schien zu fluchen, zwar in einer Sprache, die Rollo nicht verstand, aber es klang doch recht menschlich. Dann hörte er ein leises Rascheln und schließlich klappte die Tür vom Toilettenvorraum. Das Monster, der Riese, wer immer es war und was immer er wollte, war weg.

Vor Angst war Rollo derart schwindelig, dass es in ihm und um ihn herum gleichermaßen rauschte. War es die Klospülung oder war es sein Blut? Auch die Glöckchen an seiner Kappe bimmelten schrill. Seine Bauchschmerzen waren heftigem Herzklopfen gewichen.

Wieder einmal hockte er zitternd auf einer fremden Toilette und wartete darauf, dass seine Mutter oder Arne ihn holten. Denn keine zehn Pferde würden ihn dazu bringen, allein diesen schützenden kleinen Raum zu verlassen.

»Hilfe, Mami!«, flüsterte Rollo leise vor sich hin. Das Rauschen in seinem Kopf war so stark, dass er nicht einmal mehr seine eigene Stimme hörte. Aber es waren weder seine Mutter noch Arne, die ihn zwanzig Minuten später befreiten. Es war – die Polizei.

Der Diebstahl

Am Abend dieses denkwürdigen 12. Mai, seines zehnten Geburtstages, lag Sir Arne hellwach in seinem Bett. Es war schon spät, aber er konnte nicht einschlafen. Im Hochbett über ihm schlummerte Rollo und schnarchte dabei leise vor sich hin. Er schien so richtig den Schlaf der Gerechten zu träumen und allein das ärgerte Arne derart, dass es ihm das Einschlafen zusätzlich erschwerte.

Es war doch wirklich zu dumm, dass Rollo den Dieb gesehen hatte, und nicht er! Den Dieb, richtig gehört, den Dieb, den Rollo für ein Monster gehalten hatte. Das hätte einmal ihm, Arne, passieren sollen! Er hätte sich doch sicherlich das genaue Aussehen, Haarfarbe, Gesichtsform und besondere Kennzeichen gemerkt und der Polizei hilfreich zur Seite gestanden. Den Fall vielleicht auf der Stelle gelöst oder sogar verhindert, dass es überhaupt einen Fall gab! Aber er hatte mit den anderen Rosinenkuchen und Marzipanbrote geschmaust und sich ritterlich amüsiert.

Arne malte sich aus, wie es gewesen wäre, wenn er Rollo zur Toilette begleitet hätte und dem Dieb selbst begegnet wäre. Er hätte ihn doch sicher erwischt, mitsamt seiner Beute! Vielleicht hätte er ihm ein Bein stellen können und so seine Flucht verhindert? Zumindest hätte er eine genaue Beschreibung des Täters geliefert.

»Ein Monster! Dass ich nicht lache!«, seufzte Arne gequält in sein Kopfkissen hinein.

Warum war er nur bei seinen Kumpanen sitzen geblieben! Wild zugeprostet hatten sie sich und ihre Becher so hoch in die Luft geschwungen, dass der Saft nur so in die Gegend gespritzt war. Und derweil hatten sie das Entscheidende, das Spannendste, was an diesem Tag im MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE geschah, dummerweise verpasst.

Ein Verbrechen war geschehen, ein Diebstahl, und das am helllichten Tag! Während Arne zurr Ritter geschlagen wurde, hatte jemand in einem der angrenzenden Räume den Heiligen Georg geklaut, den kleinen Ritter aus Eichenholz, den die Museumsangestellte den Kindern auf dem Weg zur Zeremonie gezeigt hatte. Dazu hatte sie ihnen erklärt, dass diese Figur zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Norddeutschland geschnitzt worden war und wer der Heilige Georg überhaupt gewesen sei: ein Märtyrer, der im Jahr 303 starb und der auf vielen Darstellungen einen Drachen oder auch eine Schlange besiegte. Damit war das Böse, das es auf der Welt gab – sozusagen der Teufel – gemeint. Arne hatte genau aufgepasst, so ein echter Ritter interessierte ihn doch auch.

Und nur kurze Zeit später war der Heilige Georg geklaut und im Museum stand man buchstäblich Kopf. Zuerst hatte noch die Hoffnung bestanden, ein Kunstrestaurator hätte die Figur vielleicht nur für kurze Zeit ausgeliehen, um etwas daran auszubessern. Ein Kollege der Frau, die für ihre Feier zuständig war, war kurz zu ihnen ins Zimmer gekommen und hatte flüsternd in der Ecke mit ihr gestanden. Leider hatten sie sich so leise unterhalten, dass nichts zu verstehen gewesen war. Nur dass die Museumsangestellte plötzlich hochrot angelaufen war und mehrmals kopfschüttelnd: »Das ist doch nicht möglich!«, gesagt hatte, das war natürlich niemandem von ihnen entgangen. Und plötzlich stand jede Menge Polizei in der Tür. »Niemand verlässt den Raum!«, hatte einer der Beamten, halb im Scherz, halb im Ernst, laut gebrüllt. Hinter ihm hatte Rollos blonder Haarschopf geleuchtet. Und dann war Mama mit ihm und dem Einsatzleiter in einen Nebenraum gegangen und Arne und seine Feier waren ziemlich vergessen gewesen. Nur Rollo, ausgerechnet er, der jüngste von allen, hatte dort sein dürfen, wo das Abenteuer geschah! Vor Wut und Neid musste Arne fast in sein Kopfkissen beißen.

Ziemlich aufgeregt und gleichzeitig ziemlich bedröppelt hatten sie alle dagesessen und versucht, sich einen Reim auf die Ereignisse zu machen. Erst nach und nach trat alles ans Licht, aber inzwischen war ihm das meiste ganz sonnenklar. Der Heilige Georg war geklaut worden, während die Wärterin des betreffenden Saales für kurze Zeit abgelenkt war. Vielleicht hatte sie gerade bei seinem Ritterschlag zugeschaut? Der Dieb, wer immer es war, hatte die nicht ganz kleine Figur – Arnes Schätzung nach war der Heilige Georg mindestens vierzig Zentimeter hoch – in seiner Kleidung verborgen. Dann war er dem Feierumzug im Kostüm eines Bettelmönches gefolgt. Das war wirklich frech! Die Polizei hatte das Kostüm im Vorraum der Herrentoilette gefunden. Dort hatte sich der Dieb offenbar umgezogen und deshalb hatte Rollo den Fremden im Dunkeln für ein haariges Monster gehalten. Vermutlich war der Bandit durch die Porta d’Amore getürmt, eine von außen kunstvoll verzierte Tür, die in der Regel abgeschlossen war und sogar hinter einem Vorhang versteckt lag, direkt gegenüber von der Toilette. Nur heute hatte sie offen gestanden, weil man mit dem Aufbau einer Sonderausstellung beschäftigt war und die Handwerker diese Abkürzung zum Transport ihrer schweren Kisten benutzten. Das hatte der Dieb offensichtlich gewusst.

Tja, und dann war er draußen gewesen. In aller Seelenruhe war er vielleicht zu seinem Auto geschlendert – die Parkplätze waren ja nur wenige Meter entfernt. Vielleicht hatte man ihn für einen Museumsangestellten gehalten? Oder hatte ihn im dichten Gedränge der Großstadt, das hier, gegenüber vom Hamburger Hauptbahnhof herrschte, überhaupt niemand bemerkt? Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Arne endlich Ruhe fand. Im Traum trug er eine schwere Rüstung und einen leuchtend roten Mantel, genau wie der Heilige Georg. Er kämpfte aber nicht nur gegen einen einzelnen Drachen, sondern gegen eine garstige Drachenbrut. Er hieb dem ersten Drachen den Kopf ab und dann dem zweiten und dem nächsten und dem nächsten, bis er sie alle zur Strecke gebracht hatte. Damit war er für den Rest der Nacht ziemlich beschäftigt.

»Wer nicht knutscht, fliegt raus!«

Am nächsten Tag war in der Schule, zumindest während der Pausen, von nichts anderem die Rede als von Arnes Feier und dem Diebstahl im Museum. Plötzlich wollte jeder etwas Verdächtiges bemerkt, vielleicht sogar den Täter gesehen haben. Auch Arne fiel wieder der Schatten ein, der lautlos an ihm vorbeigeglitten war.

Selbst im Unterricht diskutierten sie über den Fall. Auch Herr Wehner, ihr Klassenlehrer, hatte davon gehört und eröffnete seinen Unterricht damit, Arne selbst zu verdächtigen.

»Also, ehrlich, Arne«, scherzte er, »das wär’ doch nicht nötig gewesen. Auch wenn wir in der nächsten Zeit das Mittelalter durchnehmen wollen – uns hätten doch die Abbildungen im Buch völlig gereicht. Aber du hast wohl nicht genügend Geschenke gekriegt, oder?«

Alle lachten und Arne blieb nichts anderes übrig, als die Augen zu verdrehen und wohl oder übel mitzulachen. Wehner und seine Witze – die waren wirklich fast so schlimm wie die von Rollo! Auch am Nachmittag auf dem Abenteuerspielplatz, wohin es ihn fast jeden Tag nach Mittagessen und Hausaufgaben zog, gab es kein anderes Thema. Für Mitte Mai war das Wetter immer noch sehr schlecht, kalt und regnerisch, aber auf ihrem Aki, wie die Kinder den Aktivspielplatz in der Nachbarschaft nannten, konnte man – an einer dafür vorgesehenen Feuerstelle, versteht sich – ein schönes Feuerchen anzünden und sich daran erwärmen. Arne und Rollo hatten wirklich Glück, in diesem Viertel von Hamburg zu wohnen, wo praktisch vor der Haustür die Außenalster lag und es außerdem gleich um die Ecke einen solchen Treffpunkt für Kinder und Jugendliche gab – auch wenn Rollo, dieser Stubenhocker, noch nicht allzu oft Gebrauch davon machte. Da war Arne anders gewesen. Mit sieben, acht Jahren hatte er genau gewusst, dass seine Mutter ihn nie und nimmer allein vor die Haustür gelassen hätte, wenn nicht der Aki gewesen wäre.

»In so einer Großstadt wie Hamburg kann man die Kinder leider nicht allein auf die Straße lassen«, hörte er sie öfters sagen, wenn sie Papa die neuesten Schreckensmeldungen aus der Tageszeitung vorlas.

Zum Glück öffnete der Aki jeden Tag um 13 Uhr seine Pforten und zwei Erzieher waren dann bis zum Abend für die Kinder da, liehen Werkzeug aus, damit sie Geheimverstecke, Buden und Baumhäuser bauen konnten, erklärten, wie man damit richtig umging, gaben Anregungen für Spiele und Unternehmungen und schlichteten Streitigkeiten. Besonders wild tobte Stefan mit den Kindern herum und zweimal in der Woche trainierte er das Fußballteam, zu dem auch Arne gehörte, auf dem Bolzplatz nebenan. Eine Zeit lang hatte eine Erzieherin übrigens versucht, den Spielplatz einmal in der Woche nur für Mädchen zu öffnen, damit hatte sie aber kein Glück. Arne und Philipp verkleideten sich einfach als Mädchen und störten solange, bis man ihnen nachgab und sie auch am Mädchentag duldete. Zum Glück hatte die Erzieherin inzwischen gewechselt und die nette Judi wäre bestimmt nicht auf solch einen Einfall gekommen.

Etwas seltsam war es ja schon, dass sehr viel weniger Mädchen als Jungen regelmäßig auf den Aki kamen: die nettesten Mädchen, fand Arne, solche wie Pauline und Stefanie eben, die nicht zimperlich und zickig waren und die bestimmt nicht in Ohnmacht fielen, wenn irgendjemand ihren derzeitigen Lieblingshit sang. Mädchen, mit denen man auch etwas Vernünftiges anfangen konnte, zum Beispiel einen Detektivclub gründen, wie Pauline, Stefanie, Philipp und er es vor ein paar Jahren getan hatten. Heute war wohl der Zeitpunkt gekommen, das im zweiten Schuljahr geschlossene Bündnis zu erneuern.

Im Kreis hockten sie auf mehreren Baumstämmen um ihr Lagerfeuer herum und tranken Tee aus großen Emaillebechern. Arne, Philipp, Pauline und Stefanie waren da, außerdem Joachim, Malte und Murat sowie einige andere Jungen aus der Nachbarschaft, mit denen Arne nicht näher befreundet war. Auch Stefan saß bei ihnen. Natürlich mussten sie ihm erst einmal brühwarm berichten, was sich im Museum abgespielt hatte. Philipp hatte von zu Hause das Hamburger Abendblatt mitgebracht, das »ihrem Fall« eine ganze Seite widmete. »Dreister Diebstahl am helllichten Tag«, las er daraus vor.

Ein dreister Diebstahl wurde am gestrigen Nachmittag gegen 16 Uhr im MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE verübt. Praktisch vor den Augen des Wachpersonals gelang es einem bislang unbekanntem Täter, eine wertvolle Eichenholz-Figur zu entwenden, die den Sieg des Heiligen Georg über den Drachen darstellt.

Vermutlich machte sich der Täter den Umstand einer gleichzeitig in den Räumen des Museums abgehaltenen Kindergeburtstagsfeier zunutze und verkleidete sich als mittelalterlicher Bettelmönch. Ein entsprechendes Kostüm wurde wenig später auf der Herrentoilette sichergestellt. Eines der anwesenden Kinder, der Schüler Rolf K. (7), der sich zur fraglichen Zeit auf der Toilette aufhielt, gab an, dort von einem »Monster« oder »Riesen« bedroht worden zu sein.

Hier brach die Runde in johlendes Gelächter aus, das allerdings jäh erlosch. Eine Staubwolke näherte sich ihnen, eine von der Sorte, die hupende Geräusche von sich gab.

»Wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er«, gab Stefan lächelnd zu bedenken. Scharf vor ihm bremste Rollo ab, Rollo mit seinem Markenzeichen, dem Roller, ohne den er nicht aus dem Hause ging – aus dem Haus rollerte, müsste es eigentlich heißen. Solange Arne denken konnte, waren Rollo und sein Roller unzertrennlich, und man konnte nicht sagen, ob er Rollo genannt wurde, weil er seinen richtigen Namen als kleines Kind so ausgesprochen hatte oder weil er, seit er sprechen konnte, auf Arnes Roller scharf gewesen war. Tatsache war, dass »Rollo« sein erstes Wort gewesen war, außer »Mama« natürlich. »Rollo!« Mit Inbrunst waren ihm diese zwei Silben von der Zunge gerollert und er hatte sie solange gekräht, bis Arne ihm sein Rollerchen abtreten musste. Zum Trost hatte man ihm ein Fahrrad mit Stützrädern gekauft und ihm eingeredet, dass er für alles andere sowieso zu groß geworden sei. Bei Arne hatte das auch funktioniert, nur Rollo war bei seinem geliebten Roller geblieben. Zwar konnte er Fahrrad fahren. Aber da Mama ihrem jüngsten noch nicht erlaubte, in die Schule zu radeln, und Rollo obendrein, wenn er zu Fuß ging, Angst vor Fremden hatte, rollerte er eben – so schnell, dass ihn kein Kinderklauer je ansprechen konnte.

Und jetzt bremste er genau an der Stelle, an der Stefan saß, vor dem Baumstamm ab und guckte sich erwartungsvoll in der Runde um.

»Na, was bietet ihr mir?«, schien sein Blick zu fragen.

»He, Rollo!«, schrie Philipp. »Hast du heute schon ein Monster gefangen?«

»Uahhh, ich bin ein Riese und will dich fressen!«, knurrte Malte und verdrehte Arme und Hände total vor seinem Gesicht . Dazu schnitt er eine wilde Grimasse.

»Bist du sicher, dass es nicht der Heilige Georg selber war?«, fragte Arne seinen kleinen Bruder mit lauerndem Grinsen. »Der hat bestimmt dich für den Drachen gehalten!«

Jetzt gab es kein Halten mehr. Alle machten sich über den armen Rollo lustig und es nützte auch nichts, dass Pauline mehrmals freundlich »Ach, lasst ihn doch in Ruhe!«, rief.

Beleidigt schnappte sich Rollo seinen Roller und wandte sich ab. Im Moment blieb ihm nichts anderes übrig als der Rückzug auf den angrenzenden Kleinkinderspielplatz, wo Dutzende von Babys und Krabbelkindern in der Sandkiste durcheinander wuselten. Missmutig ließ er den Roller am Rand der Sandkiste liegen und schlurfte zu einem kleinen Karussell hinüber, in dem er ein paar Runden drehte. Er ärgerte sich ja auch selbst darüber, dass er den Dieb nicht richtig beschreiben konnte. Aber mussten ihn die Großen deswegen hänseln?

Inzwischen las Philipp weiter aus dem Hamburger Abendblatt vor:

Noch ungeklärt ist die Frage, ob der Diebstahl in einem Zusammenhang mit anderen Museums- und Kircheneinbrüchen der letzten Zeit steht, bei denen verschiedene Darstellungen des populären Heiligen entwendet wurden. Der spektakulärste Fall war der Einbruch in den Londoner Buckingham Palast im November vergangenen Jahres. (Wir berichteten.) Damals wurde ein Gemälde von Peter Paul Rubens aus dem Jahr 1629 entwendet, das König Karl I. und seine Gemahlin als Heiligen Georg und Prinzessin zeigt. Von dem Täter und seinen Helfershelfern fehlt nach offiziellen Angaben weiterhin jede Spur.

»Junge, Junge!«

Während Philipp eine kleine Pause einlegte, um sich mit ein paar Schlucken Tee zu stärken, sprach Stefan das aus, was sie wohl alle in diesem Moment dachten. Was, wenn der Dieb aus dem Buckingham Palast und der Hamburger Halunke tatsächlich ein und dieselbe Person waren? Was, wenn sie ihn fingen? Da war doch bestimmt eine schöne Belohnung ausgesetzt, oder nicht?

»Zu dumm, dass Rollo sich nicht genauer an ihn erinnert!«, seufzte Pauline.

»Du sagst es«, nickte Arne. »Aber lasst uns mal überlegen, was wir jetzt machen können.«

»Am besten, wir gehen noch einmal ins Museum und schauen uns die Örtlichkeiten in Ruhe an«, schlug Stefanie vor.

»Genau! Vielleicht hat ja die Polizei etwas übersehen«, rief Philipp.

»Bestimmt hat sie das und ausgerechnet du wirst es finden!«, lästerte Pauline.

»Na hör mal, Pauline«, schaltete sich Stefan ein. »Reizt dich das denn gar nicht?«

»Klaro reizt mich das. Nur aufs Männerklo traue ich mich nicht.«

»Schiss, was?«

»Ne, nur eine empfindliche Nase.«

Wieder brachen alle in Gelächter aus. Arne fasste sich als Erster.

»Alle Mitglieder der Abknutscherbande treffen sich in fünf Minuten im Betreuerhaus!«, kommandierte er. »Philipp, Pauline, Stefanie! Ihr wisst ja: Wer nicht knutscht, fliegt raus!«

Tatsächlich funktionierte sein Vorstoß nach Plan. Zwar murmelte Stefan neugierig etwas wie: »Abknutscherbande? Ich hab’ mich wohl verhört?« Und Joachim und die anderen Jungen kicherten albern und zogen die Köpfe ein. Aber die drei, die er namentlich angesprochen hatte, sprangen auf wie eine Eins und liefen zum Betreuerhaus hinüber. Hier gab es auch für die Kinder gemütliche Sitzecken, wo sie sich bei Regenwetter aufhalten und ungestört spielen konnten. Sogar eine Musikanlage war da, auf der sie ihre mitgebrachten Kassetten oder CDs in voller Lautstärke abspielen konnten. Das war jetzt der beste Platz, um in Ruhe alles zu besprechen.

Die Abknutscherbande, so hatten sie sich vor ein paar Jahren genannt, als Rollo noch recht klein gewesen war, gerade mal ein Kindergartenkind. In seinem Zorn hatte Arne ihn einmal gehauen und damit seinerseits den Zorn seiner Mutter heraufbeschworen.

»Knutsch ihn doch einfach ab, wenn er dir auf der Nase herumtanzt!«, hatte Pauline ihm damals geraten. »Dagegen kann deine Mutter nichts haben.« Die Idee hatte sich blendend bewährt und sich außerdem als ausbaufähig erwiesen.

»Knutsche deine Feinde bis zur Wehrlosigkeit!« Das war seitdem ihr Motto geworden. Es war sogar christlich gedacht, wenngleich vielleicht nicht ganz so gemeint. In dem besonders langweiligen und verregneten Sommer vor zwei Jahren hatten sie eine Art Gesellschaftsspiel daraus gemacht. In den Parkanlagen rund um die Alster hatten sie sich zu mehreren im Gebüsch versteckt, um den jungen und manchmal auch schon etwas älteren Liebespaaren aufzulauern, die eng aneinander gelehnt unter ihren Regenschirmen auf den Parkbänken saßen. Und dann hatten sie sich mit wildem Indianergeheul auf sie gestürzt und die Pärchen überfallartig abgeknutscht. So mancher Schirm wurde dabei gründlich verbeult.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2016
ISBN (eBook)
9783960531432
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Juli)
Schlagworte
eBooks Kinderbuch Kunstraub Diebstahl Brueder Abenteuer junge Detektive Verbrecherjagd Hamburg Spaß
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Titel: Der geklaute Heilige
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106 Seiten